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ESTV-Praxismitteilung: Verjährungsfristen bei der Rückerstattung der Verrechnungssteuer

13.09.2022

Die ESTV hat am 13. September 2022 in einer Praxismitteilung die anwendbaren Verjährungsfristen bei der Geltendmachung einer Verrechnungssteuerrückforderung im Fall einer formlosen Ablehnung von Rückerstattungsanträgen publiziert. Die neue Praxis führt zu einer Verkürzung der bis anhin angewandten Verjährungsfristen und den Rückerstattungsberechtigten wird empfohlen, die individuelle Verjährungsfrist für jeden eingereichten Antrag zu überwachen.

Geltende Fristen

Der Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer erlischt, wenn der Antrag nicht innert drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die steuerbare Leistung fällig geworden ist, gestellt wird. Es handelt sich dabei um eine Verwirkungsfrist, die grundsätzlich weder unterbrochen noch verlängert werden kann.

Wenn die ESTV einen Rückerstattungsantrag durch einen formellen Entscheid ablehnt, kann der Antragssteller diesen Entscheid innert 30 Tagen mit Einsprache anfechten.

Gegen eine formlose Ablehnung (ohne Erlass eines formellen Entscheids) eines Rückerstattungsantrags durch die ESTV, kann keine Einsprache erhoben werden. In einem solchen Fall kann der Rückerstattungsberechtigte jedoch einen neuen Antrag einreichen und damit den Anspruch erneut geltend machen.

Die Steuergesetze enthalten keine Bestimmungen über die Verjährung des Rückerstattungsanspruchs infolge formloser Ablehnung eines Antrags durch die ESTV. Diesbezüglich gilt gemäss Praxis eine relative Verjährungsfrist von 5 Jahren. Diese Verjährungsfrist beginnt mit der Entstehung des Rückerstattungsanspruchs zu laufen.

Die Verjährung wird durch jede Handlung des Rückerstattungsberechtigten unterbrochen, die auf die Geltendmachung des Rückerstattungsanspruchs gerichtet ist. So wird die Verjährungsfrist beispielsweise durch die Einreichung des Rückerstattungsantrags unterbrochen, wodurch am Tag nach der Einreichung eine neue Verjährungsfrist von 5 Jahren zu laufen beginnt. Dasselbe gilt für die spätere Einreichung von eingeforderten Auskünften und/oder Unterlagen im Zusammenhang mit dem eingereichten Rückerstattungsantrag, da es sich hierbei ebenfalls um eine Handlung des Rückerstattungsberechtigten handelt, die auf die Geltendmachung seines Rückerstattungsanspruchs abzielt.

Da der Rückerstattungsanspruch jedoch immer nur vom Rückerstattungsberechtigten geltend gemacht werden kann, sind Handlungen der ESTV, wie die formlose Abweisung (ohne Erlass eines formellen Entscheids) eines Rückerstattungsantrags oder das Einfordern von Auskünften und Unterlagen, in diesem Zusammenhang nicht relevant und unterbrechen die Verjährungsfrist nicht.

Diese Praxismitteilung gilt ab sofort. Anderslautende Zusicherungen der ESTV in Einzelfällen sind unter dem Aspekt von Treu und Glauben zu würdigen. Es obliegt dem Rückerstattungsberechtigten, den Beweis dafür zu erbringen.

Fazit

In der Vergangenheit begann die Verjährungsfrist von 5 Jahren jeweils im Zeitpunkt der formlosen Ablehnung durch die ESTV zu laufen und der Antragssteller hatte nach Erhalt des entsprechenden Schreibens genau 5 Jahre Zeit, den Anspruch wieder geltend zu machen. Unter der geänderten Praxis beginnt diese Frist nun schon mit der Einreichung des Rückerstattungsantrags zu laufen und kann, je nach Bearbeitungszeit der ESTV, deutlich weniger als 5 Jahre betragen.

Falls die formlose Ablehnung eines Rückerstattungsantrags durch die ESTV innert wenigen Monaten nach der Einreichung erfolgt, sollte unseres Erachtens auch die nun reduzierte Frist zur erneuten Geltendmachung immer noch genügend lang sein. In Fällen mit einer langen Bearbeitungszeit der ESTV, bei welchen die formlose Ablehnung erst kurz vor Ablauf der 5-Jahresfrist oder sogar erst danach erfolgt, kann diese neue Praxis jedoch zu einem unsachgerechten Ergebnis führen. Aus Gesprächen mit der ESTV ist allerdings zu entnehmen, dass die neue Praxis nicht zu einer Unmöglichkeit der Geltendmachung eines Rückerstattungsanspruchs führen soll und solche Fälle individuell geprüft werden.

Personen, welche bei der ESTV Rückerstattungsanträge für die Verrechnungssteuer einreichen, wird nun dringend empfohlen, die Frist für jeden einzelnen Antrag zu überwachen und falls nötig, die Verjährungsfrist mit einer erneuten Geltendmachung des Anspruchs zu erneuern.