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Onshoring in Liechtenstein

16.06.2020

Steuerliche Verschärfungen für Strukturen

Im Kampf gegen die Verlagerung und Verkürzung von Gewinnen haben die OECD und die EU respektive ihre Mitgliedsstaaten den Druck auf Null- und Niedrigsteuerländer durch die Einführung sogenannter grauer und schwarzer Listen fortlaufend verschärft. Dabei werden insbesondere Forderungen nach der Schaffung von Substanz, Anti-Missbrauchs-Bestimmungen und Informationsaustausch in Steuersachen forciert.

Unterstützt wird dieser Trend durch die diversen Leaks aus Offshore-Jurisdiktionen, welche dazu geführt haben, dass auch die Öffentlichkeit mittlerweile eine nicht zu unterschätzende soziale Ächtung gegenüber klassischen „Steueroasen“ hervorgebracht hat.

Die entstehenden Anforderungen, insbesondere im Bereich der Substanz, und die damit verbundenen Mehrkosten haben zu Attraktivitätseinbussen klassischer Offshore-Standorte geführt. Mittlerweile lässt sich ein Trend hin zu einfacheren Strukturen mit mehr Substanz in moderat besteuerten Jurisdiktionen erkennen, welche die Anforderungen sowohl der EU als auch die der OECD erfüllen.

Aufgrund seiner politischen und wirtschaftlichen Stabilität, der EWR-Mitgliedschaft sowie seines EU-konformen und attraktiven Steuerrechts ist Liechtenstein für vermögensverwaltende Strukturen ein idealer Onshoring-Standort. Natürlich gelten die steuerlichen Erfordernisse und Rahmenbedingungen der OECD und der EU auch für Liechtenstein. Allerdings ist zum Beispiel die steuerliche Substanz in Liechtenstein oft bedeutend einfacher zu erschaffen als auf einer abgeschiedenen Insel.


Besteuerung von vermögensverwaltenden-Strukturen in Liechtenstein

Im Rahmen der Peer Review Prozesse des Europäischen Wirtschaftsraumes wird das liechtensteinische Steuersystem periodisch geprüft und wurde letztmals 2019 als konform beurteilt. Dieser Umstand schafft Planungssicherheit wodurch sich langfristige Unternehmensstrukturen entwerfen und umsetzen lassen. Zu den interessantesten Steuervorteilen für vermögensverwaltende-Strukturen zählen:

1. Steuerfreie Beteiligungserträge

Zur Vermeidung von steuerlichen Mehrfachbelastungen stellt Liechtenstein Dividenden und Veräusserungsgewinne von Kapitalgesellschaften von der Ertragssteuer frei. Die Freistellung ist unabhängig von der Beteiligungsquote und unterliegt keiner Mindesthaltedauer. Ausgenommen hiervon sind Beteiligungen, welche die Ausschüttung selbst als Aufwand geltend machen können oder wenn es sich um eine ausländische niedrigbesteuerte Beteiligung handelt, deren Erträge zu mehr als 50% aus passiven Einkünften besteht.

2. Steuerfreie Erträge aus ausländischen Immobilien

Zur Vermeidung einer steuerlichen Mehrfachbelastung sind in Liechtenstein die Erträge und Veräusserungsgewinne aus ausländischen Immobilien von der Ertragssteuer befreit, da von einer Besteuerung im Belegenheitsstaat der Immobilie ausgegangen wird.

3. Keine Quellensteuern

Liechtenstein erhebt keine Quellensteuern auf Dividenden, Zinsen und Lizenzzahlungen.

4. Steuerneutrale Step-Up-Möglichkeit

Der Zuzug einer ausländischen Gesellschaft nach Liechtenstein erlaubt die steuerneutrale Aufdeckung von stillen Reserven, welche vor dem Zuzug im Ausland geschaffen wurden. Handelt es sich um abnutzbare Wirtschaftsgüter können entsprechend Abschreibungen steuerlich geltend gemacht werden.

5. Moderate Besteuerung und Eigenkapital-Zinsabzug

Juristische Personen unterliegen in Liechtenstein mit ihren gesamten Erträgen der Ertragssteuer von 12.5%. Von der Bemessungsgrundlage kann der Eigenkapitalzinsabzug als rein steuerliche Aufwandsposition abgezogen werden, wodurch die effektive Steuerbelastung sinkt.

6. Wachsendendes Netz von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)

Per 1.1.2020 verfügt Liechtenstein über 19 in Kraft stehende DBAs, unter anderem mit Deutschland, Österreich, Hongkong, Luxemburg, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich.


Onshoring ausländischer Gesellschaften

Die Verlagerung einzelner Gesellschaften oder ganzer Gesellschaftsstrukturen nach Liechtenstein kann ein möglicher Weg sein, um den Nachteilen klassischer Offshore-Jurisdiktionen zu entkommen und um Planungssicherheit für die Zukunft zu schaffen. Gleichzeitig kann so von attraktiven Steuervorteilen profitiert werden. Die Verlegung kann dabei auf zwei Arten erfolgen:

Sitzverlegung nach Liechtenstein

Zivilrechtlich ist eine Sitzverlegung ohne Neugründung dann möglich, wenn sich eine ausländische juristische Person durch Eintragung im Handelsregister und Bestellung eines Repräsentanten (falls erforderlich) dem liechtensteinischen Recht unterstellt.

Ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Sitzverlegung untersteht die juristische Person sodann der liechtensteinischen Steuerpflicht und profitiert von den zuvor erwähnten Vorteilen des liechtensteinischen Steuerrechts.

Verlegung des Ortes der tatsächlichen Geschäftsleitung nach Liechtenstein

Alternativ kann eine Gesellschaft auch nur den steuerlichen Sitz über die Verlegung des Ortes der tatsächlichen Verwaltung nach Liechtenstein entscheiden. 

Zivilrechtlich folgt Liechtenstein dem Inkorporationsprinzip, wodurch sich aus liechtensteinischer Sicht keine Änderungen des auf die Gesellschaft anwendbaren Rechts ergeben, sofern der Wegzugsstaat ebenfalls dem Inkorporationsprinzip folgt. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die Gesellschaft gegebenenfalls weiterhin den Substanzanforderungen ihres Sitzstaates unterliegt.


Handlungsbedarf

Die Verschärfungen der Substanzerfordernisse gegenüber klassischen Offshore-Jurisdiktionen führt in vielen Fällen zu steuerlichen Risiken und fast immer zu einer spürbaren Erhöhung der Strukturkosten. Demgegenüber fallen die einstmaligen Vorteile (Diskretion, Steuerneutralität etc.) aufgrund weitestgehend einheitlicher Spielregeln mit Blick auf Transparenz und der Bekämpfung von Steuervermeidung teilweise weg. In gewissen Fällen ist eine liechtensteinische Struktur eine prüfenswerte Alternative für eine Neuaufsetzung der Struktur unter Berücksichtigung der neuen steuerlichen Spielregeln.

Insbesondere in Liechtenstein lassen sich mit dem etablierten Finanzplatz, der geographischen Nähe zur Schweiz und zu Österreich, sowie dem breiten Angebot an qualifizierten Fachkräften die steuerlichen Substanzerfordernisse oft einfacher erfüllen als in anderen Jurisdiktionen.