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Umsatzabgabe bei Einanlegerfonds

29.08.2023

Grundsatz: Fonds ist befreiter Anleger

In- und ausländische Investmentfonds gelten für Umsatzabgabezwecke grundsätzlich als befreite Anleger. Dies bedeutet, dass bei der Umsatzabgabe unterliegenden Wertschriftentransaktionen die halbe Abgabe nicht geschuldet ist, die den Fonds als Gegenpartei betrifft.

Ausnahme: Fonds erfüllt Bedingungen nicht

Um für den Status als befreiter Anleger zu qualifizieren, muss es sich beim Fonds entweder um eine inländische oder um eine ausländische kollektive Kapitalanlage gemäss den Artikeln 17a Abs. 1 Bst b und c StG[1] handeln. Das StG verweisen für die Definition der kollektiven Kapitalanlage auf Artikel 7 und 119 KAG[2]. Demnach sind kollektive Kapitalanlagen Vermögen, die von Anlegerinnen und Anlegern zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage aufgebracht und für deren Rechnung verwaltet werden.

In der Praxis fallen die allermeisten Investmentfonds unter diese Definition und gelten für Umsatzabgabezwecke daher als befreite Anleger. Bei Fonds mit lediglich einem Anleger (sog. Einanlegerfonds) ist jedoch im Einzelfall zu prüfen, ob die Bedingung der «gemeinschaftlichen» Anlage erfüllt ist und der Fonds für Stempelsteuerzwecke als kollektive Kapitalanlage und damit als befreiter Anleger gilt.

Inländische Einanlegerfonds

Gemäss Artikel 7 Abs. 3 KAG kann der Bundesrat kollektive Kapitalanlagen für einen einzigen qualifizierten Anleger (Einanlegerfonds) zulassen. Aufgrund des expliziten Verweises des StG auf Artikel 7 KAG sind sämtliche zugelassenen schweizerischen Einanlegerfonds als befreite Anleger zu qualifizieren.

Liechtensteinische Investmentfonds gelten für Stempelsteuerzwecke als inländische Anlageformen, fallen jedoch nicht unter das schweizerische KAG. In Ziffer 1.2 des ESTV Kreisschreibens Nr. 12 zur Umsatzabgabe wird daher festgehalten, dass liechtensteinische kollektive Kapitalanlagen stempelsteuerlich den schweizerischen gleichgesetzt sind. Demnach sollten sämtliche Einanlegerfonds mit Sitz im Fürstentum Liechtenstein, welche unter die einschlägige liechtensteinische Gesetzgebung[3] fallen, für Stempelsteuerzwecke als befreite Anleger gelten. Die ESTV wendet hier jedoch eine restriktivere Auslegung an und hat diesen Status in der Praxis verschiedenen liechtensteinischen Investmentfonds mit nur einem Anleger verweigert.

Ausländische Einanlegerfonds

Die ESTV hat in Ziffer 3.1.1 des Kreisschreibens Nr. 24 betreffend kollektive Kapitalanlagen sog. Gleichstellungsregeln festgehalten, unter welchen ausländische Anlageformen für Schweizer Steuerzwecke als kollektive Kapitalanlagen gelten.

Diese Gleichstellungsregeln stützen sich weitgehend auf Art. 119 KAG. Demnach gelten ausländische Anlagevehikel grundsätzlich als ausländische kollektive Kapitalanlagen, wenn sie entweder (1) in der Schweiz zum Vertrieb zugelassen sind, (2) im Ausland der Aufsicht über kollektive Kapitalanlagen unterstellt sind oder (3) deren Zweck die kollektive Kapitalanlage ist.

Ein ausländischer Einanlegerfonds gilt gemäss Kreisschreiben als kollektive Kapitalanlage, wenn er von der ausländischen Aufsichtsbehörde für kollektive Kapitalanlagen zugelassen ist. Diese Praxis stützt sich auf die Bedingung (2) der Gleichstellungsregeln und ist als Safe-Harbor-Regel zu verstehen, wonach bei regulierten ausländischen Einanlegerfonds das Kriterium der Kollektivität nicht weiter geprüft werden muss.

Ein ausländischer Einanlegerfonds, der nicht von einer ausländischen Aufsichtsbehörde für kollektive Kapitalanlagen zugelassen wurde, sollte jedoch immer noch als kollektive Kapitalanlage für Stempelsteuerzwecke qualifizieren können, wenn die Bedingung (3) der Gleichstellungsregeln erfüllt ist, d.h. wenn sein Zweck die kollektive Kapitalanlage ist. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn das Kriterium der Kollektivität auf der Grundlage der sog. Begünstigungstheorie erfüllt ist, d.h. wenn es sich beim Einanleger um einen professionellen Anleger handelt, der indirekt eine grosse Anzahl von Endbegünstigten vertritt.

In der Praxis geht die ESTV jedoch in der Regel davon aus, dass keine kollektive Kapitalanlage vorliegt, wenn ein ausländischer Einanlegerfonds nicht von einer gleichwertigen Aufsichtsbehörde anerkannt worden ist.

Fazit

Die unterschiedliche rechtliche und regulatorische Ausgestaltung von Anlageformen in verschiedenen Jurisdiktionen verbunden mit dem formellen Charakter der Umsatzabgabe führen zu komplexen Steuerfragen bei der Qualifikation von ausländischen Einanlegerfonds.

Da sich bisher weder das Bundesgericht noch das Bundesverwaltungsgericht mit der steuerlichen Qualifikation von Einanlegerfonds befasst haben, besteht insbesondere bei nicht-regulierten ausländischen Einanlegerfonds die Gefahr, dass diesen der Status als von der Umsatzabgabe befreiter Anleger verwehrt wird. Inländischen Effektenhändlern wird daher empfohlen, bei Transaktionen mit Einanlegerfonds einen vom Fonds geltend gemachten Status als befreiter Anleger vertieft zu prüfen.


[1] Bundesgesetz über die Stempelabgaben

[2] Bundesgesetz über die kollektiven Kapitalanlagen

[3] Gesetz über bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (UCITSG), Investmentunternehmensgesetz (IUG) oder Gesetz über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMG)